In den letzten Jahren mussten wir in Deutschland schmerzlich erleben, wie ein Rettungshubschrauber mit einem lebensgefährlich verunfallten Sporttaucher an Bord auf der Suche nach einer einsatzbereiten Notfalldruckkammer erfolglos durch die Bundesrepublik irrt. Wegen Treibstoffmangels erfolgt die Landung in einer Großstadt. Dort gibt es zwar eine Druckkammer, der Taucher überlebt diese Odyssee aber nicht. In einem weiteren Fall wurden bald 9 Stunden benötigt, um einen jungen teilgelähmten Taucher erfolgreich in einem HBO-Zentrum unterzubringen. Unklarheiten, anfängliches Missmanagement, gefolgt von Absagen möglicher Zielzentren und schließlich dann auch noch wetterbedingtes Flugverbot hatten das Zeitintervall so untragbar anwachsen lassen.
Auf der BOOT-Messe 2012 wurde am 26. Januar auf Initiative des VDST das ‘Aktionsbündnis Tauchunfall’ unter Führung der GTÜM und unter Beteiligung der in Deutschland aktiven Tauchmedizin-Hotlines: aqua med, DAN Europe und VDST (in alphabetischer Reihenfolge) geschlossen. Ausschlaggebend für diese Aktion war, dass mehrfach für schwere Tauchunfälle stundenlang kein einsatzbereites Druckkammerzentrum zur Verfügung stand. Ziel des Aktionsbündnisses ist die Verbesserung der Behandlungssituation für verunfallte Taucher mit druckkammerpflichtigen Krankheitsbildern in Deutschland.
Am 27.01.12 beschloss das Aktionsbündnis eine Überarbeitung der GTÜM-Druckkammerliste, um die Ist-Situation der Druckkammer-Einsatzbereitschaft in Deutschland korrekt erfassen zu können. Hintergrund ist die Erfahrung, dass in der Vergangenheit die Einsatzbereitschaft der Druckkammer-Einrichtungen in zahlreichen Fällen nicht der genannten Zuordnung zu einer der Kategorien der GTÜM-Liste entsprach, obwohl diese Liste gemäß Selbstauskunft der Druckkammern erstellt wurden.
In einem ersten Schritt wurden alle Druckkammer-Einrichtungen, die bisher in der GTÜM-Druckkammer-Kategorie ‘24h-Bereitschaft mit Intensivmedizin’ aufgeführt wurden, um schriftliche Bestätigung der Ärztlichen Leitung und der Geschäftsführung gebeten, ob bestimmte Qualitätskriterien definitiv erfüllt werden. Werden diese personellen, technischen und organisatorischen Punkte nicht erfüllt, können schwere Tauchunfälle nur unzureichend und nicht entsprechend aktueller medizinischer Standards versorgt werden.
Ergänzend wurde auch ein Druckkammerzentrum angeschrieben, welches nach der BOOT 2012 einen offiziellen Versorgungsauftrag eines Bundeslandes zur Druckkammerversorgung von Notfällen erhielt (Quelle: Pressenformation des Hessischen Sozialministeriums vom 10.02.2012).
Alle unten genannten Kriterien wurden einstimmig beschlossen. Bei Nichterfüllung von nur einem der 9 Punkte besteht nach Auffassung des Aktionsbündnisses keine qualifizierte ‘24h-Bereitschaft mit Intensivmedizin’. Ziel der neuen Druckkammer-Kategorie ist, verunfallten Tauchern eine unverzügliche Behandlung nach aktuellen medizinischen Standards auch bei einem schweren Tauchunfall zu ermöglichen.
Diese vier Druckkammerzentren werden bis auf weiteres in einer neuen GTÜM-Druckkammer-Kategorie geführt werden. Sollte in der Praxis eine dieser Druckkammern die Bedingungen mehrfach nicht erfüllen, wird eine Zuordnung dieser Druckkammer zu einer anderen Kategorie der GTÜM-Liste erfolgen. Auf Anfrage (aktionsbuendnis-tauchunfall@gtuem.org) informieren wir andere Druckkammern gern über das Anmeldeverfahren für die neue Druckkammer-Kategorie. Die GTÜM-Druckkammerliste wird gemäß Vorstandsbeschluss um die neue Kategorie ergänzt.
Das bisherige Vorgehen des Aktionsbündnisses ist vielleicht nicht jedem unmittelbar verständlich. Das Ziel soll die Verbesserung der Behandlungssituation für verunfallte Taucher sein, und die erste Maßnahme besteht darin, die Liste der ‘Druckkammern für schwere Notfälle’ von 9 auf 4 zusammenzustreichen? Wird damit nicht das Gegenteil erreicht? Das Aktionsbündnis musste bei seinem ersten Treffen einstimmig feststellen, dass die von den Tauchunfall-Hotlines erlebte Behandlungswirklichkeit in Deutschland nicht so ist, wie es die Druckkammer-Liste der GTÜM vermuten lässt. In der Praxis gab es bei schweren akuten Tauchunfällen deutlich verzögerte Behandlungen, wie eingangs bereits erwähnt.
Die neue Druckkammer-Kategorie mit momentan 4 Druckkammern beschreibt das ‘Bauchgefühl’ von Insidern hinsichtlich der geringen Auswahl an Behandlungsmöglichkeiten recht gut, unabhängig davon, ob man Druckkammer A eher in der Kategorie und Druckkammer B eher außerhalb sehen würde. Die Zukunft wird zeigen, ob es weitere Druckkammerzentren gibt, die inzwischen die geforderten 9 Punkte für die Aufnahme in die neue Kategorie bestätigen können. Auf der anderen Seite muss sich erweisen, ob die jetzt aufgeführten Druckkammern die erklärten Bedingungen tatsächlich erfüllen. Die neue Druckkammer-Kategorie wird auf jeden Fall dynamisch sein.
In diesem ersten Schritt hat das Aktionsbündnis Tauchunfall offenbart, dass zur lege artis Versorgung schwerer Tauchunfälle rund um die Uhr derzeit offenbar nur vier Zentren in ganz Deutschland zur Verfügung stehen. Das ist erschreckend wenig, wenn man vergleichsweise das Netz von Notarzt-Hubschraubern betrachtet. Der deutsche Ist-Zustand für Tauchunfall-Behandlungen ist schlecht und im europäischen Vergleich blamabel. Ein Blick z.B. nach Frankreich zeigt, dass dies auch ganz anders sein könnte.
Diese Bestandsaufnahme macht akuten Handlungsbedarf klar – nicht allein durch die im Aktionsbündnis zusammen geschlossenen Organisationen und die Druckkammerzentren, sondern insbesondere auch durch gesundheitspolitische Kräfte in Deutschland. Das Beispiel Wiesbadens zeigt, dass ein Versorgungsauftrag ein gangbarer Weg für individuelle Druckkammerzentren ist, die Versorgungssituation in Deutschland zu verbessern. Flankierend wäre eine zentrale Vergabe von Druckkammer-Behandlungsplätzen für Notfälle denkbar, ähnlich der Brandverletzten-Zentrale.
Dr. Wilhelm Welslau
für das Aktionsbündnis Tauchunfall
(GTÜM e.V. - aqua med - DAN Europe - VDST e.V.)
(veröffentlicht in CAISSON Nr. 2, 2012)
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